Zum 80. Geburtstag von Cox Habbema

Cox Habbema 1986 (Quelle: ANEFO/Roland Gerrits)

Wer sich rückschauend mit Kunst und Kultur der DDR beschäftigt, kommt – der Generallinie heutiger DDR-Geschichtsschreibung entsprechend – kaum an Künstlern vorbei, deren Lebensweg irgendwann, irgendwie von der DDR in den Westen geführt hat. Dass es umgekehrt auch etliche Künstler gab, die vom Westen in die DDR kamen, um hier zu arbeiten und zu leben, ist dabei häufig nur Randnotiz. Eine von ihnen war die niederländische Schauspielerin und Regisseurin Cox Habbema. Ein Zufall wollte es, dass Peter Hacks und sie am gleichen Tag Geburtstag hatten – am 21. März 2024 wäre sie 80 Jahre alt geworden.

 

Berlin, 21.03.2024

 

Fünf Jahre lang, von Anfang 2011 an, war das HABBEMA die Bühne der Peter-Hacks-Gesellschaft. Mitten im Prenzlauer Berg lag das kleine Theater, hat Lesungen, Buchvorstellungen, Vortrags-, Diskussions- und Kleinkunstabende veranstaltet. Die »Bühne der Peter-Hacks-Gesellschaft« führte den Namen ihrer Intendantin, der Schauspielerin und Regisseurin Cox Habbema. Sie hat früher Hacks gespielt und inszeniert, sie und ihr damaliger Mann, der Schauspieler Eberhard Esche, waren eng mit Hacks befreundet. Cox Habbema unterstützte die Bühne und prägte die Programmgestaltung mit.

Cox Habbema mit Dieter Franke (l.) und Eberhard Esche (r.) im »Jahrmarktsfest zu Plundersweilern« (Quelle: privat)1968 war sie nach Berlin, in die Hauptstadt der DDR, gekommen, um Benno Besson zu hospitieren, der in dieser Zeit am Deutschen Theater (DT) inszenierte. Dort stand sie schnell bald auch auf der Bühne, lernte Eberhard Esche kennen, den sie dann heiratete, und wurde festes Ensemblemitglied am DT. Sie spielte unter anderem in »Der Drache« von Jewgeni Schwarz an der Seite von Rolf Ludwig, Dieter Franke und Eberhard Esche oder im »Jahrmarktsfest zu Plundersweilern«, Goethes Stück, das Peter Hacks eigens für sie bearbeitet hatte. Dessen Stück »Senecas Tod« wurde später, 1980, das Regiedebüt der Niederländerin und gleichzeitig die erste Regiearbeit einer Frau am Deutschen Theater überhaupt.

Auch für Leinwand und Fernsehfunk war sie schon kurz nach Beginn ihres Wirkens in der DDR sehr gefragt. Ihre erste Hauptrolle hatte sie hier – wieder an der Seite ihres Mannes – in Rainer Simons Märchenfilm »Wie heiratet man einen König?« von 1969, Habbema spielte hier die kluge Bauerntochter, Esche den König. In der Folge verzeichnet ihre Filmographie etliche Klassiker der DEFA und des Fernsehens aus Adlershof: »Der Mörder sitzt im Wembley-Stadion«, »Denn ich sah eine neue Erde«, »Eolomea«, »Die Bilder des Zeugen Schattmann«, »Polizeiruf 110: Freitag gegen Mitternacht«, »Till Eulenspiegel«, »Warschauer Konzert«, »Der Spiegel des großen Magus«, »Feuerdrachen«, »Die Beunruhigung« usw. usf. Mit »Musen« von Peter Hacks inszenierte sie 1981 auch selbst für das Fernsehen, mit Karin Gregorek, Eberhard Esche und Wolfgang Hosfeld.

Mitte der 1980er Jahre verlegte sie ihren Lebensmittelpunkt wieder in die Niederlande und wurde Intendantin des traditionsreichen Theaters Stadsschouwburg in Amsterdam. Den berühmten Koffer allerdings ließ sie in Berlin.

Cox Habbema im »Habbema« (Quelle: privat)Am 18. April 2016 starb Cox Habbema. Die kleine Bühne der Peter-Hacks-Gesellschaft musste in der Folge aufgelöst werden. In einigen Zeitungen war der Nachruf auf Cox Habbema mit einem Bild von ihr illustriert, da sitzt sie in einem Sessel, der den Besuchern der Theaters bekannt vorkam. Einer von diesen Sesseln, es waren vier, stand oft auf der Bühne; Vortragende, Gesprächspartner, mancher Schauspieler saßen darin. Und Cox hatte diese Sessel, ebenso wie das Theatergestühl aus blausamtenen Sitzen, durch pfiffig genutzte Beziehungen beschafft. Stühle und Sessel standen einst in der Möwe, dem bekannten DDR-Künstlerclub, später auf einem Speicher, aus dem Cox sie erlöste.

In einem der Nachrufe hieß es damals: »Nun sind wir traurig, dass sie nicht mehr unter uns ist, sondern im Schauspielerhimmel, den Eberhard Esche einst in seinen Grabreden tröstlich herbeiphantasiert hatte. Mit Esche war sie verheiratet, als sie noch in der DDR lebte, und hatte mit ihm schöne Erfolge im Film wie auf der Bühne. In den Nachrufen wird davon erzählt, ein jeder erinnert sich an Filme, Stücke, Inszenierungen ... Ein Blick aus dem Schauspielerhimmel offenbart, dass es nun auf der Erde weder das ›Habbema‹ noch auch Cox Habbema mehr gibt. ›Freilich, wenn die Sonne fort ist, kommt die Kälte aus dem Wald hervor, so wie, wenn Cox verschwunden ist, die ganze Kälte wieder aus der Welt gekrochen kommt.‹ (Peter Hacks, 22.6.1973)« (bsj)