Am 1. November 2025 findet in Berlin die 18. Wissenschaftliche Peter-Hacks-Tagung statt. Das Thema in diesem Jahr: Peter Hacks und der Imperialismus.

 

»Eine Sackgasse der sozialen Evolution«

Hacks zum Imperialismus

18. Wissenschaftliche Peter-Hacks-Tagung

 

Termin: 1. November 2025, ab 10.00 Uhr
Ort: Berlin

 

Es ist offensichtlich, dass die Weltordnung gegenwärtig einen Transformationsprozess durchmacht. Der »Westen im Niedergang« (Emmanuel Todd) ist das auffälligste Merkmal eines politischen Wandels, der mit einer Krise des vom Finanzmarkt dominierten Kapitalismus verbunden ist. Zumindest in den ehemaligen Zentren gelingt es nicht mehr, den angehäuften Reichtum produktiv zu machen. Die Infrastruktur verrottet, die Verelendung wird unübersehbar. Offen ist, ob dies lediglich eine Verschiebung der Zentren vom Westen in den aufsteigenden globalen Süden anzeigt oder ob das kapitalistische Produktionsverhältnis überhaupt an seine Grenze gelangt. Offen ist ebenfalls, in welchem Maße die Krise zu einer militärischen Zuspitzung führt.

Auf den ersten Blick scheint Peter Hacks kein Autor zu sein, bei dem Auskünfte über diese Lage zu suchen sind. Er dichtete unter dem Titel »Der Imperialismus, ein Vampir«: »Das Vieh ist tot und bleibts und hört, allein / Weil es noch Blut säuft, nicht auf, tot zu sein.« Die Sache, so schlimme Auswirkungen sie noch haben kann, sei dennoch historisch abgetan und somit inhaltlich wie poetisch unergiebig. Hacks siedelte 1955 in die DDR über, um sich Stoffen zu widmen, die er als zukunftsträchtiger ansah. Tatsächlich liegt der Schwerpunkt seines Werks in den folgenden gut drei Jahrzehnten auf den Widersprüchen bei der Entwicklung des Sozialismus.

Doch befasste sich Hacks bereits in dieser Phase auch mit dem Außenverhältnis der DDR. Neben Dramen mit der Thematik von Imperialismus und Kolonialismus – »Polly oder die Bataille am Bluewater Creek« (1963) und das schon zu seiner Münchner Zeit entstandene und 1970 umgearbeitete Columbus-Stück »Eröffnung des indischen Zeitalters« – schrieb er mit »Die Binsen« (1981) ein Drama, in dem es auch um Außenwirtschaftsbeziehungen des Sozialismus geht.

Nachdem Hacks 1990 unfreiwillig wieder Bürger der Bundesrepublik geworden war, intensivierte sich seine Beschäftigung mit dem Kapitalismus. Der Einfluss des Westens auf Literatur und Theater der DDR war bereits vielfach Thema der in der »Berlinischen Dramaturgie« nachzulesenden Akademie-Gesprächsrunden gewesen. Nun fasste Hacks die Kritik am Kulturbetrieb des Kapitalismus im Niedergang in dem Essay »Unter den Medien schweigen die Musen« (1990) zusammen. Hier wie auch häufig sonst bei Hacks – besonders in den Akademiegesprächen und in Briefwechseln – geht es um die gegenwärtig wieder aktuelle Frage, welche Kunst in Gesellschaften, die über kein positives Bild von ihrer Zukunft verfügen, möglich ist und welche Funktionen sie haben kann. Damit verbunden ist die Frage nach dem Verhalten des Künstlers unter solchen Umständen. Noch kaum untersucht ist Hacks’ Positionierung zu linken Gruppierungen und Zeitschriften nach 1989.

Die Ökonomie des Finanzmarktkapitalismus wird zum Thema in der Aristophanes-Adaption »Der Geldgott« (1991). Politischen und militärischen Widerstand gegen die Dominanz des Westens zeigt Hacks in den Stücken »Der falsche Zar« (1996), »Der Bischof von China« (1999) und im Dramolett »Phraates« (2003), wobei er mit Russland, China und dem Nahen Osten drei Brennpunkte auch heutiger Konflikte zu Handlungsorten wählte. Neben den Briefwechseln mit André Müller und Kurt Gossweiler bringen auch der Essay »Georg Nostradamus« (2000) und besonders die Notate zu einem geplanten Buch »Marxistische Hinsichten« Gedanken, die für die gegenwärtige Diskussion hilfreich sind. Essay wie Notate belegen, dass Hacks den Imperialismus als polit-ökonomische Entwicklungsstufe des Kapitalismus begriff und wie gründlich er entsprechende Überlegungen von Hobson, Luxemburg, Hilferding, Lenin, Bucharin und Kautsky rezipierte. Seine Gedanken dazu wären zum einen mit dem heutigen Diskussionsstand abzugleichen. Zum anderen stellt sich die Frage nach dem Geschichtsbild, das implizit oder explizit Hacks’ Auseinandersetzung mit dem Imperialismus bestimmt: bis zu welchem Punkt eine alte Gesellschaftsordnung die Elemente einer neuen vorbereitet und ab wann sie, wie vom titelgebenden Zitat markiert, lediglich noch eine Sackgasse ist.

Die geplante Tagung soll zum einen Hacks’ Auseinandersetzung mit Kapitalismus und Imperialismus anhand der genannten und anderer Texte klären und zum anderen die Relevanz seiner Überlegungen für die gegenwärtigen Konflikte prüfen.

 

Vorschläge für Referate zu diesen und damit verbundenen Themen richten Sie bitte bis zum 31. März postalisch oder per E-Mail an die Geschäftsstelle der Peter-Hacks-Gesellschaft:

Peter-Hacks-Gesellschaft, z. H. Burkhard Schmidtke, Märkisches Ufer 28, 10179 Berlin; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Die Vortragslänge beträgt idealerweise 20, maximal 30 Minuten. Ausgewählte Referate werden im Hacks Jahrbuch 2026 veröffentlicht.

 

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